Puccini - Kitschfabrikant oder verkanntes Genie?

  • Hallo Edwin,


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo Herbert,
    Du verstehst mich falsch: Wenn ein Künstler nach seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten und Normen etwas schafft, das vom Rezipienten übersteigert emotional aufgenommen wird, ist das keineswegs Kitsch. Nur, wenn beim Künstler die Absicht besteht, beim Rezipienten eine bestimmte emotionale Reaktion auszulösen, ist es Kitsch. Fairy Queen versteht mich ganz genau, wenn sie das "Manipulation der Gefühle des Rezipienten" nennt.
    Der Alpenland-Familienroman ist also Kitsch, Thomas Manns "Buddenrooks" hingegen nicht.
    :hello:


    Ich gestehe, mich mit dem Thema sehr schwer zu tun. Sicherlich ist die Bauchentscheidung klar: Der Drei-Groschenroman"Stethoskop der Leidenschaft" ist so selbstverständlich Kitsch, wie "Die Buddenbrooks" Kunst sind. Bezüglich des Vorwurfs hinsichtlich der gezielten Erweckung von Emotionen sehe ich aber auch Probleme. Ich glaube schon zu verstehen, was damit gemeint ist, auch mit dem "Manipulationsvorwurf", dennoch bleibt es für mich als Definition unbefriedigend.


    Bleiben wir bei den Buddenbrooks und nehmen den Tod des kleinen Hanno. Die Art, wie Thomas Mann das Kapitel einleitet, ist für mich eine der ganz großen Literaturstellen. Wenn da nämlich ganz plötzlich aus heiterem Himmel, nachdem wir nun mit dem kleinen Hanno so gelitten haben und sich schließlich etwas Licht am Horizont andeutete, betont sachlich über den üblichen Verlauf einer Krankheit geschrieben wird. Ganz ähnlich steht es mit Hans Castorp, den wir eben noch auf dem Zauberberg, nun aber mitten im Schlamm des ersten Weltkrieges wiederfinden. Es fällt mir schwer zu glauben, dass Thomas Mann die gewaltigen Emotionen, welche diese Stellen auslösen können, nicht kalkuliert haben soll.


    Vielleicht kann man sich aus meiner Sicht hier eher vom Kitsch abgrenzen, wenn man feststellt, dass die Sterbeszenen untrennbar mit den tieferen Botschaften der Geschichte verknüpft werden, während sie im Drei-Groschenroman Selbstzweck - bzw. der eigentliche Zweck des Werkes - sind. Die kalkulierte Emotion ist also durchaus Teil des Kunstwerkes, aber nicht die raison d´être (wie im Drei-Groschen-Roman). Hannos Tod ist ebenso wie Castrops Schicksal symbolisch nur die konsequente Fortführung der gesellschaftlichen Analyse, welche die Romane vornehmen. Darüberhinaus ist natürlich auch die "handwerkliche" Finesse in Manns Sterbeszenen unglaublich. Das Sterben in seinen Romanen ja ein Thema für sich, man nehme z.B. nur Rahel im "Joseph" oder auch "Joachim" im Zauberberg, sowie alle 5 Sterbeszenen der Buddenbrooks...


    Gruß
    Sascha

  • Zitat

    Original von calaf
    Das ist nicht ganz richtig. Die Stoffe basieren auf literarischen Vorlagen. Puccini hat jedoch ganz arg bei seinen Libretti mitgemischt und z.B. Illica und Giacosa ein ums andere Mal fast in den Wahnsinn getrieben.
    calaf


    Danke für die Aufklärung. Weißt Du, ob er sie in Richtung "Kitsch" wahnsinnig gemacht hat :D ? Gibt es Korrespondenz darüber, warum er das eine oder andere geändert haben wollte? Das könnte ja eventuell über seine ehrlichen oder nicht-ehrlichen Absichten im Sinne Edwin's zur Aufklärung beitragen.


    :hello:


    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Es gibt einen Haufen Korrespondenz. "Carteggio Pucciniano", falls Du Italienisch kannst. Auf Deutsch in Auszügen glaube ich nur antiquarisch. Oder mal den Band von Mosco Carner lesen, da ist auch viel Interessantes.


    :hello:
    M.



  • Wir sind hier zwar gerade bei Puccini ( O soave fanciulla :lips: ), doch für meine stark beanspruchten Ohren würde ich deinen Lloyd-Webber gegenüber Schönberg doch vorziehen.
    Sein "Requiem" ist heute schon ein Klassiker. :jubel:

    Freundliche Grüße Siegfried


  • Hallo Austria,
    das habe ich so nicht parat. Ich weiß nur, dass er sich bei - ich glaube - jedem Libretto seit Manon Lescaut stark eingemischt hat. Und ich meine dass ein Grund dafür war, dass seiner Meinung nach die Libretti zu den Mißerfolgen von Le Villi und Edgar beigetragen haben. Was ich zu erinnern meine ist, dass er die Vorlagen oft stark verkürzt hat, im Sinne der Bühnenwirkung. Ich bin sicher, dass es darüber Korrespondenz gibt.


    LG,
    calaf

    Without deviation from the norm, progress is not possible.
    (Frank Zappa)

  • Ich bin sehr froh, daß Mengelberg mir zu dem einen Punkt die Antwort abgenommen hat, mir war so etwas im Gedächtnis, aber ich war nicht ganz sicher, ob es Puccini war.


    Was mir zugegebener Maßen im Magen liegt, sind die Argumente von Fairy Queen und Antracis, die ich nicht ganz so zerpflücken kann, wie ich gerne würde:

    Zitat

    Fairy Queen
    Etwas, das vom Künstler in seiner emotionalen Wirkung berechnet ist, muss nicht zwangsläufig KITSCH sein. Wenn der Künstler intelligent genug ist, umschifft er diese Klippe sogar sehr geschickt.. Z.B. mit ironischen Brechungen. Siehe Thomans Mann!!! Glaubst du, dieser eitle Herr sei sich etwa der Wirkung seiner Worte nciht jede Sekunde nur allzu bewusst gewesen und habe ncith "berechnend" auf der ganzen Klaviatur gespielt? Seien Tagebücher und Briefe zumindest beweisen das Gegenteil.


    Dennoch glaube ich da einen gewissen Unterschied zu spüren: Wenn ein Künstler sich um die Wirkung seiner Kunst bewußt ist, ist das nicht gleichbedeutend mit der Absicht, eine bestimmte Wirkung hervorzurufen. Immerhin hat Mann ja den Kitsch durch seine stilistische Meisterschaft umgangen: Hier sind wir eben bei der Kunst der Wortwahl: Die scheinbar kitschige Szene wird durch die stilistische Behandlung zu Kunst.

    Zitat

    Zitat Antracis
    Es fällt mir schwer zu glauben, dass Thomas Mann die gewaltigen Emotionen, welche diese Stellen auslösen können, nicht kalkuliert haben soll.


    Dennoch gibt es für mich eben den Unterschied, ob ein Autor (oder Komponist etc.) eine Szene konzipiert, um ihr die größtmögliche Wirkung zu verleihen oder ob ein Autor eine Szene konzipiert, um beim Rezipienten die größtmögliche emotionale Reaktion hervorzurufen.
    Die Kunst, die ihren Blick auf den Rezipienten richtet, gerät meiner Meinung nach automatisch in Kitsch-Gefahr.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Liebestraum
    Hallo Edwin,


    ich glaube schon, dass Wagner aus berechnender Wirkung nach Siegfrieds Tod den Trauermarsch angefügt hat, der auf das Publikum nicht ohne Wirkun bleibt. Wirklich Sinn macht dieses Musikstük nicht. Da ist völlig unerhblich, wer am Pult des Orchesters steht. Denn der eigentlich tragischste Tod des "Rings" ist keinesfalls Siegfried, sondern der Siegmunds.


    Und ob es Sinn macht - und zwar ganz simpel aus der Szenerie: Es ist die Verwandlungsmusik zwischen dem ersten und dem zweiten Bild des dritten Aktes.
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Dennoch gibt es für mich eben den Unterschied, ob ein Autor (oder Komponist etc.) eine Szene konzipiert, um ihr die größtmögliche Wirkung zu verleihen oder ob ein Autor eine Szene konzipiert, um beim Rezipienten die größtmögliche emotionale Reaktion hervorzurufen.


    Wo soll die Wirkung denn stattfinden wenn nicht im Rezipienten?

  • Hallo KSM,
    bitte zwing mich nicht schon wieder zu einer Wiederholung....! Zum hoffentlich letzten Mal also: Es geht mir nicht um die Emotion des Rezipienten, sondern um das Kalkül seitens des Künstlers.
    :hello:

    ...

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  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo KSM,
    bitte zwing mich nicht schon wieder zu einer Wiederholung....! Zum hoffentlich letzten Mal also: Es geht mir nicht um die Emotion des Rezipienten, sondern um das Kalkül seitens des Künstlers.


    Aber wenn er einer Szene größtmögliche Wirkung verleihen will, so ist das Kalkül des Künstlers, und zwar Kalkül bezüglich der Emotion des Rezipienten ...
    :untertauch:

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Es geht mir nicht um die Emotion des Rezipienten, sondern um das Kalkül seitens des Künstlers.


    Da gehts aber dann hier nicht mehr um die Frage, was Kitsch ist, sondern um die Frage: für wen arbeitet ein Künstler? für sich allein oder fürs Publikum?


    :hello:


    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Aber wenn er einer Szene größtmögliche Wirkung verleihen will, so ist das Kalkül des Künstlers, und zwar Kalkül bezüglich der Emotion des Rezipienten ...
    :untertauch:


    Aber wieso denn? Wenn Du in einer Deiner Kompositionen etwas Bestimmtes durchführst, denkst Du doch wohl nicht: "Hoffentlich muß die Tante Irmi weinen, wenn sie das hört."
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Aber wieso denn? Wenn Du in einer Deiner Kompositionen etwas Bestimmtes durchführst, denkst Du doch wohl nicht: "Hoffentlich muß die Tante Irmi weinen, wenn sie das hört."
    :hello:


    Aha, wir verstehen unter "Rezipient" was unterschiedliches. Du meinst "die Masse", ich eher "den Kenner" ...

  • Puhhhhhhhhhh, ich bin erleichtert....! Ich dachte schon, ich schreibe in Urdu, so unverstanden fühlte ich mich... :D


    Für mich ist "Rezipient" an sich wertneutral. Da Puccini seine platten Chiffren aber weniger in Hinblick auf den Kenner als auf die breite Masse verwendet, gehe ich in diesem Zusammenhang eher von der breiten Masse aus.


    :hello:

    ...

  • Die Frage, ob Puccini nun ein Kitschier oder ein begnadeter Komponist ist hatte ich mir bisher noch nie gestellt - fällt mir gerade auf.


    Seine Qualität als Komponist kann ich nicht beurteilen, die Kitschqualität (und deren Definition) bewegt sich außerhalb meines Referenzrahmens: was ich von ihm kenne (Butterfly, Boheme, Turandot, Messa di Gloria) ist mir fast schon körperlich widerlich, ohne dass ich wüsste, warum.


    Was aber sicher nichts mit der künstlerischen Qualität seines Schaffens zu tun hat, sondern mit meinen beschränkten Rezeptionsfähigkeiten - mit dem guten alten Tristan geht's mir ja schließlich auch nicht anders, auch da japse ich nach ein paar Minuten nach Luft und mir bricht der klebrige Schweiß aus...


    Wenn das dann Kitsch ist, dann ist mir die hohe Kunst lieber, die ist nicht so anstrengend :untertauch: .


    :pfeif:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Zitat

    Original von Austria


    Da gehts aber dann hier nicht mehr um die Frage, was Kitsch ist, sondern um die Frage: für wen arbeitet ein Künstler? für sich allein oder fürs Publikum?


    Der seriöse Künstler arbeitet meiner Überzeugung nach für sich allein. Ob seine Arbeit beim Publikum Anklang findet, ist gleichgültig. Daß es dem Künstler subjektiv mehr Freude macht, wenn er Anklang findet, also verstanden wird, ist logisch, tut aber nichts zur Sache.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Puhhhhhhhhhh, ich bin erleichtert....! Ich dachte schon, ich schreibe in Urdu, so unverstanden fühlte ich mich... :D


    Für mich ist "Rezipient" an sich wertneutral. Da Puccini seine platten Chiffren aber weniger in Hinblick auf den Kenner als auf die breite Masse verwendet, gehe ich in diesem Zusammenhang eher von der breiten Masse aus.


    Gut, dann ist Puccini für Dich Kitsch, da er bei der breiten Masse bestimmte Emotionen wecken will, die nicht seinen persönlichen entsprechen.


    Aber mein älteres Gegenargument, dass dann auch diverse nicht kitschverdächtige Musik Kitsch sein müßte, bleibt aufrecht. Ich will nun nicht behaupten, Bach hätte nicht beim Schreiben seiner religiösen Gefühlgedusel-Nummern in Matthäuspassion und Weihnachtsoratorium entsprechend "mitgefühlt". Aber ich glaube nicht, dass jede Lamento-Nummer des Barock und jedes Requiem unter persönlich tiefen psychischen Schmerzen geboren wurden, auch wenn sie tolle Musik wurden. Und vieles davon (vor allem Kirchenmusik) soll auch die breite Masse erschüttern.
    :hello:

  • Der Komponist braucht ja selbst gar nicht aktuell zu leiden. Das Wissen um das Leiden (Freuen etc.), also die Fähigkeit, die Emotion nachzuvollziehen und in Kunst übersetzen zu können, genügt meiner Meinung nach.
    Abgesehen davon verdächtige ich speziell Bach, auf der Basis diverser "Schmerzensfloskeln" Absolute Musik mit obligater Singstimme komponiert zu haben. Aber im Barock kennst Du Dich so viel besser aus als ich, daß ich zu dieser Epoche lieber schweige.
    :hello:

    ...

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  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Der Komponist braucht ja selbst gar nicht aktuell zu leiden. Das Wissen um das Leiden (Freuen etc.), also die Fähigkeit, die Emotion nachzuvollziehen und in Kunst übersetzen zu können, genügt meiner Meinung nach.


    Jetzt kann ich schon mehr damit anfangen.
    :)
    Du unterstellst also Puccini, nicht beim Komponieren das nachempfunden zu haben, was er ausdrücken will, respekive was er als Emotion erreichen will. Das wird sich aber anhand von Briefen nicht so leicht nachweisen lassen, oder? Letztlich wird er doch, um Tante Mizi zum Weinen zu bringen, versuchsweise so komponiert haben, dass ihm selbst die Thränen kamen? Womit er wieder die Emotion nachempfunden und in Kunst umgesetzt hätte - irgendwie ist das doch immer eine Art Wechselwirkung zwischen dem, ders schreibt und dem, was man da zu Papier gebracht hat - würde ich jetzt mal im Schnellschussverfahren annehmen.


    Jetzt komm ich wieder zu Jakob Ullmann und Xenakis, bei denen war es wohl nicht so, oder sie wollen uns das weismachen. Die hätten also zuerst fertigkonstruiert und dann das niederschmetternde Endresultat in Kauf genommen - bei Arbeiten am Papier ist das denkbar, aber bei elektronischen Sachen bei denen Tonbandmanipulationen im Spiel sind, muss Xenakis die Sachen wohl während des Entstehungsprozesses gehört haben. Ich weiß nicht, wie Bohor auf Dich wirkt, ich wäre bei der Arbeit wohl schon ziemlich in Emotionen gekommen ...


    Vielleicht habe ich da aber auch bezüglich Xenakis ein falsches Gerücht im Gedächtnis. Jedenfalls nehme ich mal an, dass er auch seine emotionalen Erlebnisse beim Komponieren "abstrakter" Tonbandstücke hatte. Und ich könnte mir vorstellen, dass Puccini psychisch auch nicht ganz unbeteiligt war beim Schreiben seiner Tränendrüsendrücker.
    :hello:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Wo soll die Wirkung denn stattfinden wenn nicht im Rezipienten?


    Lieber Edwin,
    auch auf die Gefahr hin, dass du mich jetzt für geistig völlig unterbelichtet hältst, aber ich kann dieser Differenzierung auch nicht ganz folgen :O Eine "Wirkung" ist doch immer zielgerichtet, in diesem Fall also auf den Leser/Hörer - und welche Wirkung darf/soll ein Werk dann also evozieren, dass du es als adäquat empfindest? Die "größtmögliche emotionale Wirkung" fällt ja weg, weil Kalkül des Autors und daher Kitsch, bleibt also eigentlich nur mehr die größtmögliche intellektuelle Wirkung, und damit hätte ich ein veritables Problem, weil ich Musik (mangels theoretischem Wissen) nur emotional und nicht intellektuell erfasse.
    Außerdem ist mir nicht ganz klar, warum hier Emotion automatisch mit "Druck auf die Tränendrüsen" gleichgesetzt wird. Eine Oper kann viele Emotionen in mir auslösen: Zorn, Erschütterung, Mitgefühl - sind das jetzt die "richtigen" Gefühle, während alles andere Kitsch ist?
    Was Puccini betrifft, so hat er sein Ziel, das er laut deinen Ausführungen verfolgt, zumindest bei mir klar verfehlt: Ich liebe vieles von ihm (natürlich nicht alles), aber der Griff zum Taschentuch liegt allenfalls in der "Boheme" drinnen, sofern eine Sängerin es versteht, die Mimi auch glaubhaft zu verkörpern. Seine übrigen Frauenfiguren sind meinem eigenen Fühlen und Denken so fremd, dass sie mich höchstens zornig machen, wie z.B. die Liu, deren Opfertod mich nur in dem Sinne aufregt, als er für mich in die Kategorie "blödes Weib" fällt.
    Ich sitze schon unter dem Sessel, Fairy! :untertauch:
    lg Severina :hello:

  • Hallo KSM,
    Was mich bei Puccini stört, ist die Austauschbarkeit der Gefühle: Alle Personen singen in der entsprechenden Situation absolut die gleichen Chiffren. Das spricht für mich entweder von sehr geringer Fantasie oder von dem Kalkül, das einmal funktionierende Rezept zu wiederholen - Hauptsache Tante Mitzi greift zum Taschentüchl.


    Xenakis ist da ein ganz anderer Fall. Daß ein Komponist Emotionen in seine Sprache umsetzt, ist logisch; und wenn diese Sprache auf einen Zuhörer trifft, der - Stockhausen würde sagen: - mitschwingt und dadurch einen eigenen emotionalen Zugang findet (der vielleicht sogar mit den Emotionen des Komponisten deckungsgleich ist), halte ich das durchaus für gut. Die reine stochastische Konstruktion bei Xenakis schlucke ich nicht ganz, ich glaube da fast eher an eine Konstruktion gewordene Emotion, denn strukturiert ist das alles zweifellos. Aber im Grunde haben wir das ja schon bei Berg im "Wozzeck".


    :hello:

    ...

  • Hallo Severina,
    eine "Wirkung" ist nicht zielgerichtet, sie ist die Reaktion auf eine Aktion.
    Ich glaube, damit ist das Mißverständnis weitgehend beseitigt - oder sitze ich einem Irrtum auf?
    :hello:

    ...

  • Ja, meine Liebe daran tust du gut!!!!!! Und Edwin setzt sich am besten gleich dazu, der ist nämlich auf meine Argumente geschickt nur SEHR peripher eingegangen :boese2:
    Die Antithese von der INTENTIONIERTEN Vermarktung "nicht-kitschiger moderner Kunst" hat er erst gar nicht gelesen......und die sophistische Zergliederung von Thomas Mannns hehreren intention gegenüber den weniger hehren Intentionen des Signore Puccini, kann ich nur noch als unzureichende Notwehr betrachten... tant pis!


    Zum blôden Weib Liù: liebe Severina jetzt muss ich leider oberkitschig werden. Der Opfertod der Liù war das Letzte was Puccini überhaupt komponiert hat. Sozusangen sein Schwanengesang. Also Kitschfaktor 99,9!
    Um den geniessen zu kônnen muss man wohl
    1. Italienerin sein(mindestens 50% ;)) und damit molto melodrammatico
    2. die Liù-Arien schon gesungen haben
    3.selbst ein genauso blôdes Weib sein,
    am wirkungsvollsten alles zusammen.
    Wem das erspart geblieben ist, der hält sich wirklich besser an Turandot. Die sitzt auf dem Thron, lebt länger und kriegt ausserdem auch noch den schnulzenden Tenor grandioso.



    Lieber Siegfried, es ist nciht gestattet einzelnde Wortschöpfungen aus dem Post- Zusammenhang herauszureissen und mir um die Ojhren zu schlagen! :boese2: Da rettet dich nur noch dein gesäuseltes "O soave fanciulla", denn diesem Italokitsch kann ich eben nciht widerstehen, siehe "blôdes Weib".
    Aus dem Requiem von LLoyd-Webber habe ich bereits das Pie Jesu gesungen. Ebenfalls Kitschfaktor 99. Aber serh schön zu singen . :untertauch: nun geh ich mal besser unter den Tisch, ehe mich der Herr KSM und Genossen hier noch an den Pranger stellen.


    F.Q.

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo Severina,
    eine "Wirkung" ist nicht zielgerichtet, sie ist die Reaktion auf eine Aktion.
    Ich glaube, damit ist das Mißverständnis weitgehend beseitigt - oder sitze ich einem Irrtum auf?
    :hello:


    Das habe ich natürlich saublöd formuliert - sorry, aber mein Grundproblem bleibt bestehen: Warum ist die größtmögliche Wirkung (Reaktion) Kitsch, wenn es sich um die größtmögliche emotionale Wirkung (Reaktion) handelt???? Die ja, wie ich zu erklären versucht habe, nicht unbedingt mit dem berühmten Griff zum Taschentuch gleichzusetzen ist. Eine meiner erschütterndsten Konzerterlebnisse war Schönbergs "Ein Überlebender aus Warschau" - glaubst du wirklich, dass es NICHT Schönbergs Kalkül war, gerade diese Emotionen im Publikum zu wecken??? (Und damals habe ich geheult, im UNterschied zu Puccini!!!)
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    nun geh ich mal besser unter den Tisch, ehe mich der Herr KSM und Genossen hier noch an den Pranger stellen.


    :hello:
    Ich freue mich gerade, dass ich Webbers Requiem nicht kenne, somit ist es mir nämlich komplett wurst.
    :D
    Von Puccini schätze ich das Finale des ersten Aktes von Tosca, alles andere hat leider noch keinen Eingang in mein Gedächtnis gefunden, was aber nichts zu sagen hat, da ich mir beim ersten Mal Hören fast nie was merke und ich bislang noch keine Puccini-Oper mehrmals gehört habe.


    Aber ich bin dem ersten Akt von Kienzls Evangelimann verfallen, und der weiß auch, wie er einen zu den richtigen Gefühlen nötigt.
    :D


    Bislang sind Puccini und Kienzl bei mir frei von Kitschverdacht, wenn ich Edwin nun besser verstehe, bedeutet das noch nicht, dass ich ihm auch folge.
    :hello:

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Was mich bei Puccini stört, ist die Austauschbarkeit der Gefühle: Alle Personen singen in der entsprechenden Situation absolut die gleichen Chiffren. Das spricht für mich entweder von sehr geringer Fantasie oder von dem Kalkül, das einmal funktionierende Rezept zu wiederholen - Hauptsache Tante Mitzi greift zum Taschentüchl.


    Also eine Art Versatzstück-Komponieren, ein Baukastenprinzip mit erprobten Emotions-Bauklötzchen. Das erinnert mich schon wieder an alte Malerei (die Figur links unten stammt aus dem Repertoire des soundso, die Gruppe rechts ist eine Variante der Gruppe auf Bild soundso ...)
    :untertauch:

  • Für mich, abschließend möchte ich feststellen, daß Puccini keineswegs ein verkanntes Genie war.Im Gegenteil, er war und ist ein anerkanntes Genie.Seine Opern wurden und werden weltweit mit großem Erfolg aufgeführt, und alle großen italienischen Dirigenten und Sänger waren und sind an diesem Erfolg beteiligt.Die Opern Puccinis und auch die Opern Verdis und die Werke Wagners wurden für Menschen komponiert, und nicht für eine elitäre Minderheit, das fing erst später an.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo KSM,
    Was mich bei Puccini stört, ist die Austauschbarkeit der Gefühle: Alle Personen singen in der entsprechenden Situation absolut die gleichen Chiffren. Das spricht für mich entweder von sehr geringer Fantasie oder von dem Kalkül, das einmal funktionierende Rezept zu wiederholen - Hauptsache Tante Mitzi greift zum Taschentüchl.



    :hello:



    Sag ich ja. Aber mein Beitrag schien ja wieder unterzugehen ;(


    :hello:

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