Das Lied steht in cis-Moll und weist einen Sechsachteltakt auf. „Sehr langsam und leise“ lautet die Vortragsanweisung. Sie ist ein Hinweis auf das klangliche Wesen dieses Lieds: Ein stiller, introvertierter Monolog. Die Singstimme und der Klaviersatz bewegen sich fast ausschließlich im Piano-Bereich und nehmen sich zuweilen sogar bis ins Piano-Pianissimo zurück. Nur dort, wo das lyrische Ich von seinen seelischen Regungen allzu sehr bedrängt wird und sie gleichsam aus ihm hervorbrechen, kommt es wie unvermittelt zu Steigerungen der Dynamik ins Forte, und ein leicht dramatischer Ton tritt in das Lied ein. Aber das ereignet sich nur zwei Mal, erstreckt sich nur über zwei bis drei Takte, und danach fällt die melodische Linie der Singstimme wieder in ihre leise Innerlichkeit zurück, bis sie am Ende ganz „verhaucht“ (Anweisung):
Bis zu den letzten vier Versen wird das Lied harmonisch ganz und gar von Moll-Klängen und in diese sich hineindrängendes Chroma geprägt. Und im Bereich der Melodik dominiert eine Fallbewegung in Gestalt von Sekunden, Terzen und vereinzelt Quarten, wobei der Sekundfall sich am häufigsten ereignet. Man vernimmt das gleich beim ersten Vers. Das „Immer leiser wird mein Schlummer“ wird auf zwei durch eine Pause nach „leiser“ getrennten melodischen Linien deklamiert, die in Sekunden, einer Terz und einer kleinen Sekunde abfallen. Beim vierten Vers der ersten Strophe („Oft im Traume…“) wiederholt sich diese melodische Figur noch einmal, so dass man sie als klanglichen Ausdruck des seelischen Innern dieses lyrischen Ichs empfindet. Man könnte hier durchaus von einem „Urmotiv“ sprechen.
Der Eindruck einer Dominanz dieser Fallbewegung verstärkt sich noch dadurch, dass sie sich auch dort in die melodische Linie hineindrängt, wo diese sich einmal aufwärts zu größeren Höhen hin bewegt. So macht sie zwar bei den Worten „liegt mein Kummer“ einen Quartsprung, aber das ist ein verminderter, und danach geht es bei den Worten „liegt mein Kummer“ gleich wieder in kleinen Sekunden abwärts. Wenn das lyrische Ich den Geliebten im Traum draußen vor der Tür rufen hört, so bringt es dies gesanglich auf einer fallenden melodischen Linie zum Ausdruck.
Bei den beiden letzten Versen der ersten Strophe („Niemand wacht und öffnet dir…“) kommt ein gesteigert expressiver Ton in die Melodik und den Klaviersatz. „Beklommen“, „Immer ängstlicher, aber nicht schneller“ lauten hier die Anweisungen. Die Singstimme deklamiert stockend, mit viermal sich wiederholenden Fallbewegungen, die durch Achtelpausen voneinander abgesetzt sind. Die Worte „Niemand wacht und öffnet dir“ werden dabei wiederholt, wobei sich die Dynamik vom Pianissimo ins Forte steigert. Bei den Worten „ich erwach“ macht die melodische Linie einen Terzsprung zu einem hohen „e“ und hält dort mit einer Fermate inne. Nach einer langen Pause erklingen dann die Worte „und weine bitterlich“ auf einer klanglich überaus beeindruckenden, weil in schmerzliches Chroma getauchten fallenden Vokallinie.
Innig, pianissimo und von chromatisch verfremdeten Moll-Klängen begleitet werden die Worte „Ja, ich werde sterben müssen“ deklamiert. Das trifft einen klanglich deshalb so sehr, weil bei dem Wort „sterben“ eine vorübergehende harmonische Aufhellung durch eine Rückung nach E-Dur erfolgt. Offensichtlich hat der Tod für das lyrische Ich nichts Erschreckendes an sich. Anders ist das bei dem nachfolgenden Bild: „Eine andre wirst du küssen“. Es erklingt wieder in schmerzlicher Moll-Harmonisierung.
Mit den letzten vier Versen („Eh die Maiendüfte wehn…“) kommt ein lieblicher Ton in das Lied. Die Harmonik weicht vom bislang alles dominierenden cis-Moll in die Paralleltonart E-Dur aus. Die melodische Linie der Singstimme bewegt sich jetzt ruhig. Sie beschreibt zwar auch hier Fallbewegungen, diese wirken freilich, da von E-Dur-Akkorden im Diskant und auf- und absteigenden Achteln im Bass getragen, nicht mehr schmerzlich, sondern zunächst wie eine stille lyrische Betrachtung.
Dann aber, mit den Worten „Willst du mich noch einmal sehn“, kommt ein „drängender“ (Anweisung) Ton in das Lied, verbunden mit einem Crescendo. Bei dem Wort „sehn“ gipfelt die melodische Linie in hoher Lage mezzoforte auf. Das hohe „g“, auf dem sie fast einen ganzen Takt lang verharrt, wirkt klanglich überaus hell, weil es eine Rückung nach G-Dur mit sich bringt. Die letzten Worte, dieses „Komm, o komme bald“, erklingen in äußerst innigem, flehentlichem Ton zwei Mal in Gestalt einer melodischen Bogenbewegung in hoher Lage.
Und dann klingt das Lied aus. „Ganz verhauchen“ lautet hier die Anweisung. Die Singstimme deklamiert die Worte „komme bald“ noch einmal pianissimo auf dem Ton „fis“. Nach einer Viertelpause vernimmt man das Wort „bald“ eine Terz tiefer noch einmal, - klanglich wie aus dem Off. E-Dur-Akkorde folgen. „Quasi niente“ steht unter ihnen im Notentext.
(Der lyrische Text findet sich - mitsamt Kommentar - am Ende der vorangehenden Seite)